Ernte-Tour: Kräuter
Ab nach Papenburg, da warten schon die Kräuter auf uns. Ob unser Ziel in Westoverledingen gerade noch in Ostfriesland liegt oder schon zum Emsland gehört, darüber mögen die Einheimischen hier streiten – fest steht aber: in Papenburg bauen sie mitten auf dem Land riesige Schiffe und auch riesig viele Kräuter an. Deshalb bezeichnet sich die schöne Stadt an der Ems gerne als Kräuterhauptstadt Deutschlands.
Mit Marianne Niedermeier von der Gartenbauzentrale fahren wir ein paar Kilometer nach Westen und erreichen die imposante, verglaste Produktionsstätte von Hedwig und Hermann Brelage, die hier seit knapp 25 Jahren wirtschaften, seit 7 Jahren produzieren sie bio-zertifizierte Kräuter.
Gleich nebenan die Meyer-Werft und direkt an der Ems gelegen, betreten wir die riesigen Gewächshäuser, in denen uns die Brelages herzlich begrüßen. Hedwig ist die Frau mit dem grünen Daumen und zuständig für Anzucht und Anbau. Hermann macht den Rest und kümmert sich um Technik und Vertrieb des 23.000 qm großen Betriebes und ihre Tochter ist auch längst dabei. Ein tolles Familienunternehmen, das hier ganzjährig mit 25 Mitarbeitern über 20 Bio-Kräuterarten produziert und über die Gartenbauzentrale vertreiben lässt.
Alles bio: Mehr Arbeit für mehr Qualität
Hedwig führt uns durch die verschiedenen Hallen und wir lernen einiges: Wie Basilikum ausgesät wird, wie die „Kinderstube“ der jungen Kräuter temperiert und gewässert wird, wie schnell der Basilikum im Sommer wächst. Und wie prächtig sich schließlich die großen Basilikum-Pflanzen in den Töpfen biegen, wenn man sie von den hüfthohen Pflanztischen hebt und sie in die Verpackungstüten gleiten lässt. Gleich darauf nimmt dieser Basilikumtopf neben seinesgleichen in einem Transportkarton Platz, der wenige Stunden später auf die Reise zum Verbraucher gehen wird.
„Das ist hier alles Bio, haben wir vor 7 Jahren umgestellt“, sagt Hedwig und zeigt auf eine kleine Fliege auf einem Basilikumblatt. „Und das hier ist einer unserer Nützlinge, eine Zenobia, die wir gegen Trauermücken einsetzen, die unseren Pflanzen Schaden zufügen. Bio heißt eben, mit natürlichen Mitteln Schädlingen zu begegnen. Macht mehr Arbeit, bringt aber auch tolle Qualität. Die Blätter können so wie sie sind verzehrt werden“.
Die Lieblingskräuter der Deutschen: Petersilie und Schnittlauch
Dass die Produktion unter Glas nicht ganz unabhängig ist vom Wetter draußen, zeigt auch die Grenzen der Produktion unter Glas auf. Wenn im Sommer bis zu 25 Kräutersorten angebaut und geliefert werden können, sind es im Winter nur noch 20 Sorten.
Apropos Sorten und Vielfalt: Was sind eigentlich die Lieblingskräuter der Deutschen? Richtig: Petersilie glatt, Basilikum, Schnittlauch, fertig. Dabei bieten Kräuter eine so unglaubliche Vielfalt an Geschmackserlebnissen! Glücklicherweise geht die Kulinarik in deutschen Küchen immer stärker zu Kräutern, ausgelöst vielleicht auch durch Vorreiter wie Sternekoch Michael Hoffmann, der diese Kräuter-Bewegung vor 10 Jahren als Pionier angeführt hat.
Aber zurück zur Petersilie: Geschmacklich eignet sich die glatte Petersilie besser zum Würzen, die Blätter der gekräuselten Petersilie gelten in vielen Küchen hingegen als dekorative Garnierung. Gesund sind beide Arten, besonders wegen der vielen Mineralien und Vitamine, aber auch wegen des würzigen Geschmacks, der manchmal auch an Pfeffer erinnert. Am besten schmeckt die Petersilie, wenn sie frisch geschnitten ist, direkt aus dem Topf oder aus dem Kräuterkasten vom Balkon. Schnittlauch im Topf ist wahrscheinlich auch deshalb so beliebt, weil man das aromatische Zwiebelgewächs frisch mit der Schere ernten kann. Sehr praktisch und auch noch lecker.
Mach jetzt den Kräuter-Test: Wieviele der 20 Kräuter kennst du?
Welche Kräuter kennen wir sonst noch? Bin ich selbst nicht auch ein Kräuter-Muffel, der über Basilikum kaum hinauskommt? Jetzt mach ich meinen persönlichen Kräuter-Test: Marianne wird unsere Kräuter-Rate-Fee und hat um sich herum eine Vielzahl verschiedener Kräuterarten aufgestellt, ungefähr 20 Töpfe – ziemlich viel, das wird schwer… Welche davon kenne ich? Weiß ich wirklich, wie sie schmecken und wie man sie in der Küche verwenden kann?
Los geht´s, Marianne zeigt mir den ersten Topf: dunkelrotbraune, herzförmige, 3 cm breite Blätter, dunkelgrüne Zeichnung, buschig gewachsen…na? „Rotes Basilikum?“ „Richtig“, sagt Marianne „oder auch Pfefferbasilikum.“
Das war nicht so schwer, nächster Topf: Lange schmale Blätter, mittelgrün, an längeren, leichten Zweigen… „Estragon? Zitronenstrauch? ….“ Also 20 Kräuter richtig zu raten, das ist so einfach nicht, macht aber super Spaß. Vor allem, wenn man weiß, wie man mit frischen Kräutern beim Kochen zaubern kann.
Kräutersuppe am Ernte-Tour-Tisch
Genau das erfahren wir gleich: Hedwig hat uns eine Kräutersuppe gekocht, die wir jetzt an unserem Stehtisch mitten in der Halle kosten werden. Es ist schon gedeckt und Hedwig teilt mit der Kelle großzügig aus. Sieht lecker aus und duftet herrlich!
Welche Kräuter drin sind, verrät sie uns natürlich auch: Kerbel, Petersilie, Basilikum, Estragon und obendrauf als Topping noch Gartenkresse. Buchstäblich: fantastisch frisch und in der Geschmacksvielfalt richtig spannend. Wir sind begeistert, das kochen wir nach – Hedwigs Rezept hilft sicher sehr. Und wer weiß, die frischen Kräuter in unserem Berliner Supermarkt kommen ja vielleicht auch von den Brelages, aus der Kräuterhauptstadt Deutschlands.
Anerkennung übrigens auch an die Gartenbauzentrale in Papenburg, die die Kräuter ruckzuck über Nacht zu uns bringen – frischen Dank dafür!